60er, 70er und 80er

Höhen und Tiefen der deutsch-französischen Beziehungen

Das gute Verhältnis zwischen Konrad Adenauer und Charles de Gaulle war eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Zustandekommen des Élysée-Vertrages.

zum Élysée-Vertrag

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Die deutsch-französische Freundschaft ab 1960

Inkrafttreten des Élysée-Vertrages

Der Vertrag trat am 2. Juli 1963 in Kraft. Allerdings hatte der Deutsche Bundestag, der den Staatsvertrag ratifizieren musste, im Mai 1963 darauf bestanden, dem Abkommen eine Präambel voranzustellen. Darin wurde die Verpflichtung zu engen politischen, wirtschaftlichen und verteidigungspolitischen Beziehungen mit den USA, Großbritannien sowie der NATO bekräftigt. Das sorgte gleich für die ersten Verstimmungen mit Frankreich. Die französische Regierung hatte mit dem Abkommen die Position der USA und Großbritannien in Europa schwächen wollen.

Doch trotz dieser außenpolitischen Unstimmigkeiten schritt die Aussöhnung zwischen den Bevölkerungen mit der Gründung des Deutsch-Französischen Jugendwerks am 5. Juli 1963 und mit dem Entstehen zahlreicher Städtepartnerschaften sowie Partnerschaften zwischen Schulen und Vereinen schnell voran.

Nach der erfolgreichen und auf gegenseitige Sympathie beruhenden Zusammenarbeit zwischen Charles de Gaulle und Konrad Adenauer waren die Beziehungen zwischen de Gaulle und Adenauers Nachfolgern Ludwig Erhard, später Kurt Georg Kiesinger, und zwischen Willy Brandt und Staatspräsident Georges Pompidou weniger freundschaftlich, aber auf politischer Ebene immer noch eng.

Charles de Gaulle: nicht nur positiv gesehen

Charles de Gaulles Handeln wird im Rückblick häufig als europaförderlich eingestuft, insbesondere durch seine „Rede an die deutsche Jugend“ und die vorangegangene Deutschlandreise 1962.

Doch es gab auch kritische Stimmen an seiner Politik: Etwa 150 Jugendliche demonstrierten beispielsweise am im Februar 1963 vor der französischen Botschaft in Bonn-Bad Godesberg gegen die Haltung de Gaulles - er sprach sich damals gegen einen Beitritt Großbritanniens in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft aus.

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Beziehungen der Länder unter Erhard und Kiesinger

Die deutsch-französischen Beziehungen kühlten unter Adenauers Amtsnachfolgern Ludwig Erhard (1897-1977, CDU) und Kurt Georg Kiesinger (1904-1988, CDU) zunächst merklich ab. Der Grund lag in den Differenzen bezüglich der zukünftigen politischen Gestaltung Westeuropas, die nicht überwunden werden konnten. De Gaulle setzte sich noch immer für starke Nationalstaaten, den Ausschluss Großbritanniens aus der europäischen Gemeinschaft und gegen einen zu großen Einfluss der USA in Europa ein. Erhard und Kiesinger vertraten jeweils die Gegenpositionen.

Nach dem Rücktritt Charles de Gaulles am 28. April 1969 und der Wahl Georges Pompidous (1911-1974, Gaullist (UNR)) zum neuen Staatspräsidenten Frankreichs verbesserten sich die deutsch-französischen Beziehungen wieder. Pompidou war fest entschlossen, die europäische Integration voranzutreiben. So wurde am 1. und 2. Dezember 1969 auf dem Gipfeltreffen der sechs Staats- und Regierungschefs der europäischen Gemeinschaft in Den Haag die Erweiterung der Gemeinschaft beschlossen, darunter auch die Aufnahme Großbritanniens. Außerdem sollte in Zukunft explizit auf eine Wirtschafts- und Währungsunion hingearbeitet werden.

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Ostpolitik und Beziehungen in den 70er- und 80er-Jahren

70er

Während den von Wirtschaftskrisen geprägten 1970er Jahren gewann die Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik und Frankreich insgesamt an Tiefe. Verantwortlich dafür war das erneut gute Verhältnis zwischen einem französischen Staatspräsidenten und einem deutschen Regierungschef. Unter Valéry Giscard d'Estaing (1926-2020, Liberaler (UDF)) und Helmut Schmidt (1918-2015, SPD) schien die Kooperation zwischen beiden Ländern zur Normalität zu werden, nicht zuletzt durch eine gezielte Inszenierung ihrer Freundschaft in den Medien.


Ostpolitik als Hürde

Als eine Belastung für das deutsch-französische Verhältnis stellte sich die von Bundeskanzler Willy Brandt (1913-1992, SPD) Anfang der 1970er Jahre initiierte deutsche Ostpolitik heraus. Diese löste bei der französischen Regierung aus mehreren Gründen Unbehagen aus.

  • Zum einen fürchtete man eine mögliche deutsche Einheit und damit eine Verschiebung des Kräftegleichgewichtes in Europa zugunsten Deutschlands.
  • Zum anderen hegte der französische Staatspräsident Georges Pompidou die Sorge, dass durch Brandts Politik des „Wandels durch Annäherung“ der Einfluss der Sowjetunion auf die Bundesrepublik zunehmen und Frankreich seinen Platz als erster Ansprechpartner in Europa für das kommunistische Regime verlieren könnte.

Diese Befürchtungen zerschlugen sich aber schnell, da Westdeutschland ausdrücklich auf seinem Kurs der europäischen Integration beharrte.

In den siebziger Jahren stimmte wieder die Chemie zwischen den Staatslenkern beider Länder. Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing und Bundeskanzler Helmut Schmidt arbeiteten eng zusammen und trugen gemeinsam mit mehreren Initiativen wie der Einrichtung des „Europäischen Rates“ und des „Europäischen Währungssystems“ zur Weiterentwicklung der europäischen Einigung bei. Außerdem begründeten die beiden 1975 die regelmäßigen Treffen der führenden Industrieländer. Diese jährlichen „Weltwirtschaftsgipfel“, bei denen die teilnehmenden Länder ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik abstimmen, gibt es bis heute.

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80er

Zu Beginn der 1980er Jahre verbesserte sich die wirtschaftliche Lage auf beiden Seiten des Rheins spürbar. Auch die bilateralen Beziehungen erlebten, vor allem durch neue sicherheitspolitische Absprachen, im Laufe des Jahrzehnts einen Aufschwung. Denn erneut verband beide Seiten die Befürchtung eines schleichenden militärischen Rückzuges der Amerikaner aus Europa, insbesondere nachdem US-Präsident Ronald Reagan (1911-2004, Republikaner) im Oktober 1986 einseitig den Abzug von Mittelstreckenraketen aus Westeuropa verkündete. Hinzu kam, dass mit François Mitterrand (1916-1996, Sozialist (PS)), seit 10. Mai 1981 Staatspräsident, und Helmut Kohl (1930-2017, CDU), seit 1. Oktober 1982 Bundeskanzler, erneut zwei Männer an der Staatsspitze standen, die auch außerhalb der Politik eine enge Freundschaft verband. Zudem war ihre Handreichung über den Gräbern des Schlachtfeldes von Verdun eine Geste von hoher Symbolkraft.

In der konkreten Politik erweiterten Kohl und Mitterrand den Élysée-Vertrag im Jahr 1988 um zwei Zusatzprotokolle, die einen gemeinsamen „Finanz- und Wirtschaftsrat“, den „Deutsch-Französischen Umweltrat“ und einen bilateralen „Verteidigungs- und Sicherheitsrat“ (DFVSR) initiierten. Im Rahmen des DFVSR wurde die Deutsch-Französische Brigade begründet, aus der 1993 das Eurokorps hervorging. Außerdem wurde der Deutsch-Französische Kulturrat ins Leben gerufen. Und gemeinsam setzten sich die beiden für die Vertiefung der europäischen Zusammenarbeit ein.

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